Schon seit Längerem sind vor allem Handwerker sehr gesucht.
Seit Ende der Corona Pandemie läuft die Wirtschaft wieder bestens. Es wird nicht nur wieder aufgebaut was während Corona abgebaut wurde; viele Betriebe können gar zusätzlich ausbauen. Das hat Folgen auf dem Arbeitsmarkt wo Fachkräfte schon zuvor gesucht waren.
Nun sind es nicht mehr nur IT-Spezialisten, Handwerker, Ingenieure oder Pflegepersonal sondern sogar Poliere, Hilfsarbeiter, Verkaufs- und Service-Personal deren Stellen nicht mehr so leicht zu besetzen sind. Adecco und der Stellenmarkt-Monitor der Universität Zürich erstellen eine jährliche Analyse, die zeigt dass fast in allen Sektoren mehr Stellen ausgeschrieben sind als es Bewerberinnen und Bewerber hat.
Die derzeitige Situation auf dem Schweizer Arbeitsmarkt bei einer Arbeitslosenquote von 2% ist für Unternehmen so problematisch, wie sie es seit dem Beginn des Monitoring 2015 noch nie war. 2022 zum Ende der Pandemie stieg der Fachkräftemangel-Index auf 155 Punkte an, was 69 Prozent mehr war im Vergleich zum Jahr davor und entsprechend schwierig war es für die Unternehmen wieder Fachkräfte zu rekrutieren. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hingegen ist diese Situation natürlich ideal, die Konditionen verbessern sich. So werden zum Beispiel vermehrt 4-Tagewochen bei 100% Lohn oder zusätzliche Ferientage angeboten, um Personal anzulocken.
Enttäuschend jedoch ist, dass offensichtlich der Mangel und damit die Not der Arbeitgeber dennoch nicht gross genug ist um bei ihnen wirklich signifikante Lohnerhöhungen auszulösen. So erwartet die Konjunkturforschungsstelle der ETH lediglich Anpassungen im Bereich von 2%, was gerade mal ungefähr der Inflation von 2023 entspricht.
Während die Weltwirtschaft durch andere Entwicklungen wie den Kriegen in der Ukraine und in Israel oder der politisch unsicheren Zukunft der USA wieder verlangsamt wurde, zeigen die Analysen von Adecco und der UZH für die Schweiz dahingehend ein anderes Bild, dass der Mangel auf dem Arbeitsmarkt weiter ansteigt – wenn auch nicht ganz so schnell wie direkt nach Corona. Mit einem neuen Rekordwert des Index von 191 Punkten Ende November 2023, ist das eine Steigerung um weitere 24%.
Die Analyse zeigt, dass es Arbeitgebern fast in jedem Bereich Schwierigkeiten bereitet, neue Mitarbeiter zu finden. Laut Adecco und der UZH wurde der Mangel noch stärker in den Branchen wo er schon zuvor hoch war, also im Gesundheitswesen oder technischen Berufen wie IT und Ingenieurwesen.
Selbst Möbelpacker, Fensterreiniger, Strassenmarkierer und generell Hilfskräfte finden ein Überangebot an Stellen. "Die Auswahl an Bewerberinnen und Bewerbern für diese Berufe mit niedrigeren Qualifikationsanforderungen habe sich aber stark reduziert", schreiben Adecco und die UZH. In der Medienmitteilung von Adecco Deutschschweiz schreibt der Leiter Martin Meyer: "Was wir heute auf dem Schweizer Arbeitsmarkt erleben, ist ein eigentlicher Arbeitskräftemangel und kein Fachkräftemangel mehr".
Schweizer Arbeitgeber werden noch längere Zeit damit zu kämpfen haben. Die Lage dürfte sich zwar im kommenden Jahr wieder entspannen, so mutmasst Marcel Keller, Präsident der Adecco-Gruppe Schweiz. Aber die alternde Bevölkerung, die fortschreitende Digitalisierung und der Wechsel hin zu einer grüneren Wirtschaft würden weiterhin dafür sorgen, dass geeignete Arbeitskräfte nicht immer einfach zu finden sein würden.
In der Top Ten des Fachkräftemangel-Index finden sich Spezialistinnen und Spezialisten im Gesundheitswesen, Entwickler und Analytiker für Software und IT-Anwendungen, Ingenieure, Bauführer, Polymechaniker, Elektriker. Die jüngste Quartalsbefragung des Branchenverbandes Swissmechanic nennt in einem Bericht vom vergangenen Juli 2023 die KMU der Maschinen-, Elektro- und Metallbranche den Personalmangel als ihre grösste Herausforderung. In den technischen Berufen fehlen zudem nicht nur Hochschulabgängerinnen und -abgänger, sondern auch Personen, die in Lehren ausgebildet wurden. Der Mangel ist laut Adecco und der UZH hier akut.
Die Analyse zeigt in der Deutschschweiz einen Mangel von 28%, in der lateinischen Schweiz von 14 Prozent. In der Deutschschweiz nahm die Zahl der Stellensuchenden um 16% ab. Die der offenen Stellen nahm um 8% zu. Im Vergleich zum Vorjahr ging der Anteil an Stellensuchenden im Tessin und in der Romandie um 10% zurück und neue Jobangebote nahmen um 3% zu.